Hl. Lioba – enge Mitarbeiterin des hl. Bonifatius
Das geistliche Erbe der hl. Lioba wird in heutiger Zeit fortgesetzt durch das Wirken der Lioba-Schwestern. Diese benediktinische Ordensgemeinschaft verbindet die beiden Bereiche Kontemplation und Aktion, also monastische Spiritualität auf der einen und Mitwirken in der Seelsorge auf der anderen Seite. Dies entspricht der Lebensgeschichte der hl. Lioba. Denn Glaubensverkündigung und Nächstenliebe verdichten sich bei ihr zu einer lebendigen Einheit. Ihrem tatkräftigen Engagement ist die Entfaltung einer eigenen benediktinischen Lebensform weiblicher Ordensangehöriger zu verdanken.
Geboren wird Lioba um das Jahr 710 im Gebiet des südenglischen Wessex. Ihre adligen und zugleich gottesfürchtigen Eltern übergeben ihre junge Tochter, offenbar ihr einziges Kind, in das nicht weit entfernte Benediktinerinnenkloster Wimborne. Dort erhält Lioba eine umfassende Ausbildung. Ihre Klugheit und Weisheit werden so geschätzt, dass man ihr das Amt einer Lehrerin überträgt.
Gewiss hätte sich ihr Leben in Südengland weiter fortgesetzt, wenn nicht inzwischen jemand aus ihrer Verwandtschaft seine angelsächsische Heimat verlassen hätte. Auf dem europäischen Festland verkündet er im Auftrag des Papstes mittlerweile das Evangelium: Winfried (673-755). Dieser Apostel der Germanen, wie er später genannt wird und in Rom den Namen Bonifatius erhält, richtet einen Brief an die Äbtissin in Wimborne. Darin enthalten ist die Bitte, „zum Trost seiner Pilgerschaft und zur Unterstützung der ihm übertragenen Gesandtschaft die Jungfrau Lioba herüberzusenden, von der“, so wird durch die Lebenschronik überliefert, „der Ruf der Heiligkeit und ihrer Tugenden durch weite Lande erklingt und viele Herzen erfüllt.“
Lioba folgt diesem Ruf, ein genauer Verwandtschaftsgrad wird in der Chronik nicht benannt, und kommt um das Jahr 740 mit mehreren Gefährtinnen nach Germanien. Bonifatius nimmt sie, wie es heißt, „in Ehrerbietung freudig auf und bestimmt sie zur geistlichen Mutter der Jungfrauen.“ Zugleich überträgt er ihr die Leitung des Klosters in Tauberbischofsheim.
Lioba wird in der Folgezeit eine herausragende Stellung unter den Frauen im Umfeld des hl. Bonifatius einnehmen. Bonifatius sucht in Lioba wohl bewusst eine Person, die ihn ergänzt. Seine Genialität liegt in der strukturellen Gestaltung. Lioba wiederum setzt ihre umfassende Bildung ein, um nach den Wirren der Völkerwanderungen kirchliches und kulturelles Leben zu etablieren
und zu fördern.
Weitere Klostergründungen folgen. Auch wenn diese unter die Leitung anderer Frauen gestellt werden, behält Lioba eine übergeordnete Verantwortung bei. Zudem weiß der Chronist zu berichten, dass „Fürsten ihre Nähe suchen und Bischöfe sich gern mit der klugen Frau über Worte des Evangeliums unterhalten.“
Vor seinem Märtyrertod (755) im friesischen Dokkum äußert Bonifatius eine außergewöhnliche Bitte: Nach ihrem Tod möge man Lioba bei ihm im Grab beisetzen, „damit sie, die in gleicher Weise im Leben Christus gedient hat“, so der Chronist, „auch zusammen den Tag der Auferstehung erwarten.“ Nachdem Lioba am 28. September 782 in Schornsheim bei Mainz stirbt, wird diesem
Wunsch allerdings so nicht entsprochen. Dafür ergibt sich eine andere Lösung.
Während Bonifatius in Fulda, seiner Lieblingsgründung, beigesetzt wird – sein Grab wird noch heute in der Krypta des Fuldaer Domes verehrt -, befindet sich seit 838 Liobas Grab so gut wie in der Nachbarschaft: in der Klosterkirche auf dem Fuldaer Petersberg. Lioba-Schwestern kümmern sich noch heute um die Pflege dieser heiligen Stätte.
Dargestellt wird die hl. Lioba, deren Namen so viel bedeutet wie die ‚Liebende‘, mit einem Buch in der Hand, was auf ihre Belesenheit und auf ihre breite Bildung verweist.
Lioba ist ein gelungenes Beispiel dafür, welch hohe Stellung engagierte Frauen in der Missionsbewegung des 8. Jahrhunderts innehatten. Durch Erziehung und Bildung im Geist des Christentums schafften sie Großes für die Ausbreitung des Evangeliums. Die Lioba-Schwestern setzen dieses geistliche Erbe in unserer Gegenwart fort.
Bild: Statue im Liobaschrein von Slack Head bei Beetham, England. Foto: Karl and Ali (CC BY-SA 2.0)