05. Hl. Walburga

Hl. Walburga – Geistliche Repräsentantin Christi

Hinsichtlich Führungsrollen von Frauen sehen nicht wenige für die Katholische Kirche dringenden Nachholbedarf. Zwar sind in ihr viele Frauen tätig, doch in die Amtsstruktur mit Diakonat, Priestertum und Bischofsrang gelangen ausschließlich Männer. Dahinter verbirgt sich eine seit Jahrtausenden geltende Vorstellung, dass eine würdige und angemessene Darstellung Christi, gemeint ist die Christusrepräsentanz, nur durch eine durch Männer geprägte Kirche gewährleistet ist.

Längst ist jedoch nachgewiesen, dass Betriebe mit einem höheren Frauenanteil in den Entscheidungsgremien nicht allein effizienter arbeiten, sondern auch ein angenehmeres Betriebsklima vorweisen. Was wäre, wenn diese Erkenntnis sich auch in der Katholische Kirche durchsetzen könnte? Und was wäre, wenn die Männerkirche auch Frauen eine ausdrückliche Repräsentanz Christi zusprechen würde?

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Frauen in der Kirche früher mehr Führungskompetenzen innehatten. Ob es im 9. Jh. wirklich einmal eine Päpstin gegeben hat, wie ein berühmter Roman (1998, 2009 verfilmt) darlegen will, besitzt spekulativen Charme. Geschichtlich nachweisbar sind jedoch führungsstarke Frauen wie beispielsweise die hl. Katharina von Siena (1347-80) sowie die hl. Birgitta von Schweden (1303-73). Durch konsequentes Einwirken auf mehrere aufeinanderfolgenden Päpste gelingt es beiden frommen sowie starken Frauen, das Papsttum vom frei gewählten Exil in Avignon (1309-77) endlich wieder zur Rückkehr nach Rom zu bewegen.

Bereits Jahrhunderte zuvor steht die hl. Walburga (710-79) nicht allein einem Frauen-, sondern auch einem Männerkloster vor. Unvorstellbar für heutige Zeiten! Getrennte Klosterbereiche, in denen Nonnen und Mönche unter einer gemeinsamen Leitung lebten, gab es bis ins hohe Mittelalter hinein nicht selten. Diese so genannten ‚Doppelklöster‘ wurden weitgehend von Äbtissinnen geleitet. Als solche stand Walburga dem Doppelkloster im mittelfränkischen Heidenheim vor, nachdem ihre Brüder Willibald und Wunnibald dieses Kloster gründeten.

Als kluge und charismatische Frau ist Walburga, aus südenglischer Adelsfamilie stammend und mit herausgehobener Bildung, für Führungsaufgaben berufen. Zusammen mit ihren Brüdern sowie weiteren Verwandten und Angehörigen kommt sie im 8. Jh. aufs europäische Festland und folgt dem Ruf ihres Onkels, dem hl. Bonifatius (673-754). Der auch aus Angelsachsen stammende Winfried, so sein Taufname, ist einer der ersten christlichen Missionare im Frankenreich.

Im Zuge seines Wirkens gestaltet die hl. Walburga die Abtei Heidenheim zu einem Ausstrahlungspunkt hoher Kultur für Geist und für Seele. Mit ihrer Heiligsprechung 870 gelangen ihre Reliquien in die Bischofsstadt Eichstätt.

Walburga steht als leuchtende Gestalt in einer nicht immer ungefährlichen, aber inspirierenden Zeit des Aufbruchs. Mit ihren überzeugenden Leitungsqualitäten führt sie klösterliches Leben auf europäischem Festland zur frühen geistlichen Blüte.

Darf die Führungsrolle qualifizierter Frauen sich nur beschränkt entfalten und die Christusrepräsentanz wirklich nur Männern vorbehalten bleiben? Es geht eigentlich nicht um Mann oder Frau, wie es bereits im Galaterbrief des Apostels Paulus (vgl. 3,28) heißt. Es geht vielmehr um die Weiterverbreitung des Evangeliums Jesu Christi überhaupt, der Verkündigung der Botschaft göttlicher Liebe – auch in unserer Zeit!

Christusrepräsentanz spiegelt sich wider in der aus dem 14. Jh. stammenden Bildsprache:
Christus hat keine Hände – nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun;
Christus hat keine Füße – nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen;
Christus hat keine Lippen – nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.
An dieser Christusrepräsentanz orientiert sich das geistliche Leben der hl. Walburga.

Dargestellt wird die hl. Walburga mit Äbtissinnenstab sowie einem kleinen Fläschchen. Angedeutet ist damit das Walburgisöl, welches seit Jahrhunderten die Eichstätter Benediktinerinnen in kleinen Fläschchen weiterreichen. Das Walburgisöl ist eine Flüssigkeit, die aus der Nähe des Sarkophags der hl. Walburga gewonnen und dem eine heilbringende Wirkung nachgesagt wird.

Bild: Gotische Walburgastatue in der Gruftkapelle der Abtei St. Walburg (Foto: Abtei St. Walburg)

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