1. Station: Die Apostel Petrus und Johannes betreten das leere Grab Jesu

Aus dem Johannesevangelium (20,1-10):

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben.

Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als Erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging jedoch nicht hinein.

Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle.

Da ging auch der andere Jünger, der als Erster an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte. Denn sie hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse. Dann kehrten die Jünger wieder nach Hause zurück.

Betrachtung: Staub-Asche

„Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück“ (Gen 3,19). Mit diesen har-schen Worten vertreibt Gott den Menschen aus dem Paradies. Mit gleichlautenden Worten wird Gottesdienstbesuchern am Aschermittwoch dieselbe Wahrheit unmissverständlich ins Gesicht gesagt.: „Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück“. Wer mit diesem Ritus nicht vertraut ist, kann diese unverblümte Ansage tatsächlich als eine beunruhigende Zumutung verstehen.

Dennoch, ob Erdbestattung, Feuerbestattung, Seebestattung: mit unserem Tod zerfällt unser Leib, ob kurz oder lang, tatsächlich zu Asche, zu Staub. Das Krematorium hier auf dem Ohlsdorfer Friedhof verfestigt diesen Gedanken. Bei diesen düsteren Aussichten fragen sich nicht wenige: Ist Staub tatsächlich alles, was von unserem Leben übrigbleibt?

Immerhin: Unser Staub ist in bester Gesellschaft, und zwar mit dem des Universums. Blicken wir zum Himmel empor, zu den weit entfernten Sternen: Sie sind uns viel näher, als wir es uns vorstellen. Denn unser Körper, so lernt es in der Schule bereits jedes Kind, besteht neben Körperflüssigkeiten tatsächlich aus einer Ansammlung von Sternenstaub. Das Wissen darum mag unseren Horizont wohl beträchtlich weiten. Aber vermag diese Erkenntnis uns auch zu trösten?

Mehr noch: Asche, Staub sind die primitivsten aller Mineralien. In erbärmlicher, in anspruchsloserer Weise hätte Gott uns gar nicht schaffen können.

Und doch wendet sich im Psalm (8,5-6) staunend der Beter an Gott: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst“? Zugleich stellt der Beter fest: „Du, Gott, hast den Menschen gekrönt mit Pracht und mit Herrlichkeit“.

Welch scheinbar unauflösliche Gegensätzlichkeiten?! Ja, wir sind armseligster Staub! Zeichen körperlicher Hinfälligkeit in elendster Weise.

Und dennoch, als Krönung unseres Lebens tragen wir das Kostbarste in uns: Den Odem Gottes, den Atem Gottes, den Heiligen Geist. Ja, wir sind, wie der Apostel Paulus feststellt, ein „Tempel des Heiligen Geistes“ (vgl. 1 Kor 6,19). Und diesen „Tempel des Heiligen Geistes“ hüten wir wie ein kostbares Gefäß.

Mit unserem primitiven Staub sind wir Trägerinnen und Träger eines göttlichen Geistes, der weit hinausreicht über die unvorstellbaren Weiten des Universums. Dieser Geist vermittelt uns eine Ahnung davon, wer wir sind, woher wir kommen und wohin wir gehen.

An diesen Gott des Lebens wendet sich vor Jahrtausenden ein weiterer Beter, und bekennt: „Zum Staub zurückkehren lässt du den Menschen, und sprichst: Ihr Menschenkinder, kehrt zurück!“ (Ps 90,3).

„Kommt wieder“, sagen wir in unserer Sprache, „ich schenke euch neues Leben.“ Ob dieser Beter bereits eine Mutmaßung darüber besaß, dass einmal jemand in Erscheinung treten wird, dessen Leib tatsächlich nicht zum Staub zerfällt? Ausgerechnet dieser Petrus, der gemeinsam mit Johannes beunruhigt und aufgeregt zum leeren Grab unterwegs ist, erinnert in Jerusalem die Umstehenden in seiner späteren Pfingstpredigt daran, dass in der Heiligen Schrift bereits längst alles vorgezeichnet ist: „Gott gab Christus nicht der Unterwelt preis“, so die Rede des Petrus, „sein Leib schaute die Verwesung nicht“ (vgl. Apg 2,31). Petrus bezieht sich dabei auf die uralten Prophezeiungen des Königs David.

„Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück“, diese zumutende Ansage will tatsächlich nicht das letzte Wort sein. Als Zeichen der Hoffnung wird am Aschermittwoch daher den Gläubigen geweihte Asche in Form eines Kreuzes auf die Stirn gezeichnet. Diese geistliche Handlung wird zum Glaubenszeugnis und zu einer seelsorglichen Ermahnung, wenn hinzugefügt wird: „Bekehre dich und glaube an das Evangelium Jesu.“

Diese Hinwendung zu Jesus Christus möge unser Leben fortdauernd prägen. Mitunter gibt es Augenblicke im Leben, wo diese Einsicht neue geistliche Nahrung erfährt, gegebenenfalls in diesen Augenblicken während unseres Pilgerweges über den Ohlsdorfer Friedhof.

Maria von Magdala, die Apostel Petrus und Johannes stehen noch ganz am Anfang einer nie vorher dagewesenen Lebenserfahrung. Bei ihnen ist noch Unruhe auszumachen, viel Unverständnis. Mit dem Gedanken an die Auferstehung konnten sie zunächst noch nicht viel anfangen, „denn sie hatten“, so hörten wir im Evangelium, „noch nicht die Schrift verstanden, dass ER, Jesus, von den Toten auferstehen müsse“ (Joh 20,9). Ihre darauffolgenden Begegnungen mit dem Auferstandenen werden jedoch ihr Leben tiefgreifend verändern.

Und wie verändert der Glaube an die Auferstehung Jesu unser Leben?

Lasset uns beten

Allmächtiger Gott,
vergänglich wie Staub und Asche ist unser Leben.
Du jedoch willst nicht den Tod des Menschen,
Du willst, dass er sich bekehrt
und neues Leben gewinnt.
Lass uns die Worte der Heiligen Schrift annehmen,
und gestalte uns neu nach dem Bild Deines Sohnes,
der mit Dir lebt und Leben schenkt in alle Ewigkeit. Amen.

Foto: Wolfgang Guttmann

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