12. Hl. Birgitta von Schweden

Birgitta von Schweden: Die vielen Leben als Patronin Europas

Mal raus, mal etwas anderes machen! Wer möchte das nicht? Ein Lebenstraum vieler. Die hl. Birgitta, 1302 geboren in Finsta in der Nähe Stockholms als Tochter einer einflussreichen schwedischen Landvogtfamilie und zum schwedischen Hochadel gehörend, besaß tatsächlich viele Leben. Ihr ging es jedoch nicht um Entdeckung und Abenteuer. Ihr ging es um die vielfältigen Erfahrungen der Liebe im Geist christlichen Glaubens. „Liebe fragt nicht nach Schwierigkeiten, sondern strebt solange, bis sie ihr Ziel erreicht hat“, wird sie einmal sagen.

Acht Kindern, vier Jungen und vier Mädchen, schenkt Birgitta das Leben. Bereits als 13-Jährige ist sie mit dem 18-jährigen Adligen Ulf Gudmarsson verheiratet, eine Liebesheirat. Sie selber ist, so berichten es Chroniken, eine Frau von edlen Umgangsformen und gelehrtem Wissen. Sie liebt es, kluge und gelehrte Leute um sich zu haben.

Ihre früh verstorbene Mutter hat die Hochzeit ihrer Tochter nicht miterleben können. Den angemessenen Stolz ihrer Sippe, ihr Vetter mütterlicherseits war der schwedische König Magnus II., führt Birgitta fort, sie liebt schöne Gewänder und eine gewisse Prachtentfaltung. Zugleich kämpft sie gegen Übermäßigkeit und gewöhnt sich an Entbehrungen. Gastlichkeit sowie christliche Nächstenliebe prägen ihre Lebensinhalte. Sie speist die Armen, baut Kirchen und Schulen, stiftet Spitäler. Ihre noch kleinen Töchter nimmt sie zu Krankenbesuchen in die Krankenhäuser mit, damit die Kinder, wie die Mutter betont, beizeiten lernen können, Kranken beizustehen.

Als 38-Jährige unternimmt Birgitta zusammen mit ihrem Ehemann Ulf eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela. Zu ihren Zeiten ist es nicht unüblich, dass Ehepaare, die die Erziehung und Versorgung ihrer Kinder als einigermaßen abgeschlossen betrachteten, sich auf Wallfahrt begeben oder den Rest ihres Lebens im Kloster verbringen. So tritt der Ehemann, der während der Rückkehr aus Santiago erkrankt, in das am Ostufer des Vätternsees gelegene Zisterzienser-Kloster Alvastra ein, stirbt dort und wird auf dem Klosterfriedhof bestattet.

Mit Anfang 40 beginnt für Birgitta ein neuer Lebensabschnitt. Noch während ihres Aufenthaltes im Gästehaus des Klosters Alvastra empfängt sie himmlische Offenbarungen. Diese betreffen sie nicht allein, sondern ebenso auch andere und nachfolgender Generationen. In den Ohren der geistlichen Obrigkeit kamen diese Botschaften, die sich wie ein unbequemes Reformprogramm anhören, nicht besonders gut an. Dazu gehört die Ablehnung des Krieges gegen Russland, den der Herrscher folgerichtig verlor. Dazu gehört auch die Voraussage einer Pest-Epidemie, die Schweden verheerend heimsucht. Mit dem Elend der Bevölkerung kommt es zum Bürgerkrieg, der König verliert seinen Thron und kommt elendig um. Auch vor dem Hintergrund des beginnenden anglo-französischen Krieges (1337-1453), auch Hundertjähriger Krieg genannt, ist Birgittas Lebenszeit äußerst krisengeschüttelt.

Zu ihren Visionen gehört auch die Gründung einer neuen Ordensgemeinschaft. In diesem Konvent, 1346 als „Orden des Allerheiligsten Erlösers“ (kurz: Erlöserorden) in Vadstena am Vätternsee gegründet, wäre sie selbst gern Nonne geworden, doch es soll anders kommen. Aufgrund weiterer Visionen geht sie zusammen mit ihrer Tochter Katharina 1349 nach Rom. Hier wird sie weitere 25 Jahre ihres Lebens verbringen.

Durch ihre inzwischen bekannt gewordene öffentliche Tätigkeit in Skandinavien besitzt Birgitta in der Männerwelt inzwischen einen so gefestigten Stand, dass sie es wagen darf, in Rom auch dem Papst gegenüber offen ihre Meinung zu sagen. Das Papsttum residiert seit 1309 nicht mehr in der Ewigen Stadt, sondern im freigewählten südfranzösischen Avignon. Insgesamt sind es sieben aus Frankreich stammende Päpste. Ihr Pontifikat geht in die Geschichte der Kirche ein als das „Exil von Avignon“. Nicht allein in den Augen Birgittas liegt das Papsttum im geistlichen Ansehen restlos darnieder. Zusammen mit der Katharina von Siena (1347-80) setzt Birgitta alles daran, auf die krisengeschüttelte Kirche mit deren hochrangigen Vertretern korrigierenden Einfluss zu nehmen mit dem Bestreben, den jeweils residierenden Papst zur Rückkehr in die Stadt der Apostelfürsten Petrus und Paulus zu bewegen.

Der Papst residiert jedoch noch immer in Avignon, als nach vielen aufreibenden Jahren Birgitta ihr irdisches Ende herannahen sah. Sie sagt jedoch voraus, dass das Papsttum einmal endgültig wieder nach Rom zurückkehren werde. Vier Jahre später findet ihre Voraussage endlich Erfüllung: Papst Gregor XI. (1370-78) wird 1377 als Rückkehrender begeistert von den Römern empfangen.

„Liebe fragt nicht nach Schwierigkeiten, sondern strebt solange, bis sie ihr Ziel erreicht hat“ – ihre Aussage gilt als Leitspruch für ihr aufregendes und aufreibendes Leben. Birgittas Vermächtnis wird in der Gegenwart weitergeführt in den Konventen des Erlöserordens mit etwa 50 Niederlassungen, zu denen seit 2002 auch das bekannte Birgittenkloster mitten im Leben der Stadt
Bremen (Schnoorviertel) gehört.

Zusammen mit der hl. Katharina von Siena (1347-80) und der hl. Teresia Benedicta vom Kreuz – Edith Stein (1891-1942) – wird die hl. Birgitta durch Papst Johannes Paul II. (1978-2005) zur Patronin Europas erhoben. Ehrfürchtig wird ihr Schrein in der so genannten ‚Blauen Kirche‘ zu Vadstena aufbewahrt.

Ihr jeweils feierlich begangener Gedenktag ist am 23. Juli. Die hl. Birgitta, deren Namen übersetzt so viel wie die „Erhabene“ bedeutet, wird als Schwedens größte Frau verehrt und genießt bis heute höchstes Ansehen als „Nordlicht Gottes“, als „Braut Christi“ und als „Seele Europas“.

Bild: Gemälde der Heiligen Birgitta im Kloster von Altomünster

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