2. Station – Letzter Wunsch

Aus dem Matthäusevangelium (28,1-8):

Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.

Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee. Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot.

Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag! Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.

Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.

2. Station: Letzter Wunsch

Nachdem ein Bote des Himmels Maria von Magdala und den anderen Frauen jegliche Furcht nimmt, geschieht alles ganz schnell. Die Frauen eilen zu den Jüngern. Diese Nachricht, an Beispiellosigkeit nicht zu überbieten, duldet keinen Aufschub. Wenn es je unter dem Himmel eine Sensationsmeldung gibt, dann diese!!!

Welche Wechselbäder an Gefühlen werden die Frauen durchgemacht haben. Konnte überhaupt jemand von ihnen mit der Ansage des Engels etwas anfangen?: „Er ist nicht hier, er ist auferstanden“?

Seit dem bitteren Ereignis der Kreuzigung waren erst wenige Tage vergangen. Maria von Magdala war beim tragischen Tod Jesu unmittelbar dabei. Seine letzten Worte (Lk 23,46) wird sie in Erinnerung behalten haben: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist!“

Die letzten Worte eines Sterbenden vergisst man nicht. Erst recht nicht die von Jesus. Zudem: Kann jemand vertrauensvoller sein Leben aushauchen, wie Jesus es tut? Jesu Worte am Kreuz klingen wie ein letzter Wunsch, ein Wunsch voller tiefster Sehnsucht endlich wieder eins zu sein mit seinem himmlischen Vater.

Ein letzter Wunsch vor dem Sterben, wer kennt das nicht? Die Vorstellungs-welten letzter Wünsche sind so reich wie das Leben selbst. Dazu gehört beispielsweise auch, hier im Garten der Frauen beigesetzt zu werden. Welches Motiv eine Frau auch immer zu diesem Wunsch bewegt: Es ist gut, dass es diese Stätte gibt und der Ohlsdorfer Friedhof seit über 20 Jahren so einen persönlichen Wunsch zu erfüllen versucht.

Welche Wünsche hätten wir, wenn es mit uns einmal so weit ist? Natürlich ist diese Frage hypothetisch, keiner weiß, wie es im Augenblick unserer Sterbestunde sein wird. Unser Lebensgefühl kann sich in den verschiedenen Lebensphasen ändern.

Zudem: Wer kann schon darüber verfügen, wann und wie jemand stirbt? Ob bei einem Unfall, durch eine plötzliche Herzattacke oder aus Gründen der Altersschwäche?

Ein allgemeiner Wunsch besteht oft darin, nicht allein sterben zu müssen. Sterbende wollen umgeben sein von vertrauten, ihnen nahestehenden Menschen. Gut gebettet zu sein, gegebenenfalls trockene Lippen benässt zu bekommen ist ebenso ein verständliches Verlangen wie jenes, nur nicht zu lange leiden zu müssen.

Gar nicht mal so ausgefallen ist, am Ende des Lebens noch einmal zu Zielen mit besonderem Erinnerungswert gebracht zu werden. Heutzutage wird so manches verwirklicht. Ein so genannter „Wünsche-Wagen“, wie er genannt wird, bringt Sterbende tatsächlich noch einmal an gewünschte Ziele ihrer Sehnsucht.

Ein anderer Letzter Wunsch kann darin bestehen, sich nach dem Tod mit dem Verstorbenen über das Medium der Künstlichen Intelligenz zu unterhalten. Man arbeitet daran, Erinnerungen und Persönlichkeit eines Sterbenden durch digitale Technik zu konservieren. So können Hinterbliebene, ja sogar jene Generationen, die noch gar nicht geboren sind, eines Tages Heimgegangene anfragen: „Was meinst du dazu?“

Wieder andere wollen ihre unerträglichen Schmerzen nicht aushalten. Sie bitten um aktive Unterstützung beim Sterben. Für Nahestehende ruft dieses Verlangen eine Menge Unbehagen hervor. Wie damit umgehen?

Auch Christen sind Freunde der Freiheit, Freunde der Selbstbestimmung. In dieser Freiheit haben Getaufte die Entscheidung anderer zu respektieren. Dennoch ist bei der Umsetzung selbstbestimmten Sterbens einiges zu bedenken. Dabei geht es nicht allein um rechtliche Sicherheit, die stets neu erörtert wird. Eine aktive Beteiligung beim Sterben anderer will zunächst erst einmal vor dem eigenen persönlichen Gewissen verantwortet sein.

Zugeständnisse für ein selbstbestimmtes Sterben durch andere finden wir in der Heiligen Schrift an keiner einzigen Stelle. In seinem langanhaltenden Todeskampf, in seiner zutiefst schmerzvollen Agonie bittet auch Jesus die Umstehenden nicht um einen erlösenden Gnadenstoß. Bis zum bittersten Ende hält der Mann der Schmerzen seine marternden Folterqualen aus.

Liebe kann so weit gehen, bis es bitter wehtut. Der Sohn Gottes lebt es vor. Erst, nachdem er seine Sendung erfüllt sieht, wendet sich Jesus restlos entkräftet an seinen himmlischen Vater: „In deine Hände lege ich meinen Geist.“

Jesu Gebet in seiner Sterbestunde könnte auch unser Gebet sein: „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.“ Auch Jesus kennt einen letzten Wunsch, dies ist Sein letzter Wunsch. Einen größeren wie diesen gibt es nicht.

Lasset uns beten:

Allmächtiger Gott,
in seiner Sehnsucht vergaß Dein Sohn nie, woher er kommt
und wohin der Weg seines Lebens führt.
Der Weg des Lebens führt zu Dir, zu seinem und unserem himmlischen Vater.
Lass auch uns in der Unrast unseres Lebens die Sehnsucht zu Dir,
unserem himmlischen Vater, nie verlieren.
Lass uns am Ende unseres irdischen Lebens
einmal so beten können wie Dein Sohn:
„Vater, in Deine Hände lege ich meinen Geist.“
So werden jenen Frieden finden, den nur Du geben kannst.
Darum bitten wir durch ihn, Christus, unseren Herrn. Amen.

 

Foto: Wolfgang Guttmann

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