Lasst uns hintreten zum Thron der Gnade

Predigtthema: Lasst uns hintreten zum Thron der Gnade
Bibelstelle: Hebr 4,14-16; 5,7-9
Datum: 18. April 2025 – Karfreitag
Kirche: Abteikirche Heilig Kreuz, Herstelle

Liebe Schwestern und Brüder!

„Lasst uns voll Zuversicht hintreten zum Thron der Gnade“ (4,16), so hörten wir aus dem Hebräerbrief. Mit der nun folgenden Kreuzverehrung machen es. Gemeinsam mit dem Himmlischen Vater und dem Heiligen Geist ist das Kreuz Jesu das unübersehbare Zeichen göttlicher Gnade. Im Kreuzigungsgeschehen findet Gnade ihre tiefste Vollendung.

Kreuzverehrung ist liturgisches Urgestein. Zum ersten Mal fand sie statt bei Einweihung der Grabeskirche in Jerusalem im Jahr 335. Dem gläubigen Volk wurde das Kreuz feierlich gezeigt und bereitgehalten zur Verehrung.

Das Kreuz! Sinnbild für Qualen des Leibes, für Qualen der Seele bis hin zu den bittersten Erfahrungen der Gottverlassenheit. Bei der Kreuzverehrung bringen wir unser Mitempfinden ein für alles, was der Sohn Gottes für uns am Kreuz auf sich genommen hat.

Unser Mitempfinden, unser Mitleiden gleitet dabei über zu einer Huldigung, zu einer Ehrerbietung und zum Gebet zu dem am Kreuz triumphierenden Christus. In der Passionsgeschichte hörten wir: „Jesus neigt das Haupt und übergab den Geist“ (Joh 19,30). Diese Aussage deutet an, der Geist Jesu hört nicht auf zu leben. Er lebt weiter.

Mystikerinnen und Mystiker machten sich über Generationen hinweg Gedanken, wo sich der Geist Jesu bis zu seiner Auferstehung hin aufhielt. Eine Mutmaßung finden wir sogar in unserem Glaubensbekenntnis: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes“, heißt es. Andere Texte sprechen sogar vom „Reich der Hölle“.

Es will heißen: Christus hat nicht nur das Schicksal des Todes mit uns geteilt. Der Sohn Gottes ist vielmehr eingegangen in die tiefste Verlassenheit des Todes, in die dunkelste Nacht des Geächtet-Seins, ja des Verworfen-Seins. Dort traf Christus, wie es im 1. Petrusbrief heißt, jene Geister, die im Gefängnis des Todes (vgl. 3,19) waren. Und was macht Jesus? Er predigt er ihnen dort.

Thron der Gnade! Gemeint ist jene Gnade, die keine Grenzen kennt. Die Gnade des am Kreuz gestorbenen erweist sich bis hinein in die extremste Gottverlassenheit.

Vor diesem Hintergrund vertreten Mystikerinnen und Mystiker eine steile These, wenn sie sagen: Manche Erfahrungen sehen aus wie Katastrophen, und sind doch Gnade. Da muss man erst einmal schlucken. Wahrscheinlich brauchen wir für solche Einsichten Zeit, viel Zeit, Zeit vielleicht für ein ganzes Leben.

Unverzichtbar für diese Einsicht bleibt dabei stets eine Blickrichtung: die Blickrichtung hin zum Kreuz, hin zum Gekreuzigten, hin zum Thron der Gnade. Lasst uns also voll Zuversicht hintreten zum Thron der Gnade!

Foto: Wolfgang Guttmann

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