Predigtthema: Stärke unseren Glauben
Bibelstelle: Lk 17,5-10 – 27. Sonntag im Jahreskreis
Datum: 05. Oktober 2025
Kirche: Benediktinerpriorat St. Ansgar, Kloster Nütschau
Liebe Schwestern und Brüder!
„Stärke unseren Glauben“ (Lk 17,5). Deswegen sind wir hier! Glaube ist keine Selbstverständlichkeit! Glaube ist lebenslanges Werden! Unser früherer kindlicher Glaube weicht einem Glauben mit seinen Fragen und Zweifeln.
„Stärke unseren Glauben!“, eine dringende Bitte! Ob das, was Jesus als Antwort gibt, die Apostel zufriedenstellt? „Wenn euer Glaube nur so groß wäre wie ein Senfkorn“, so Jesus, „würdet ihr dem Maulbeerbaum einen Befehl aussprechen und er würde euch gehorchen“ (vgl. Lk 17,6).
Jesus hebt hervor: Glauben bedeutet, Gott restlos alles zutrauen. Bei ihm ist nichts unmöglich (vgl. Lk 1,37). Wir ertappen wir uns selbst in unserem mangelnden Vertrauen zum Gott der Schöpfung und der Erlösung.
Um unserem Glauben neue geistliche Nahrung zu geben, lesen wir Bücher. Autorinnen und Autoren gibt es genug, einer jedoch ist nicht darunter: Jesus. Von ihm gibt es kein Buch, kein Schriftstück, nichts! Was muss Jesus für die Menschen seiner Zeit eine Ausnahmegestalt gewesen sein, wenn vor 2000 Jahren mehrere Menschen alles daransetzten, die Erinnerung an eine so große Lichtgestalt nicht der Vergessenheit preiszugeben.
Mehr noch: vor genau 1700 Jahren, im Jahr 325, kamen in Nicäa – rund 65 km südöstlich von Istanbul gelegen – Vertreter der frühen Kirche zusammen, um über diesen Jesus von Nazareth etwas ganz Ungeheuerliches auszusagen: „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott.“ In keiner anderen Religion wird so etwas Gewaltiges über einen Menschen ausgesagt, der unter den Menschen gelebt hat so wie Du und Ich.
Das ist insofern ungeheuerlich, da das Christentum ausdrücklich betont, ausschließlich einen Gott zu verehren und anzubeten! Zur Lösung dieser komplizierten Frage verhalf ein kleines, aber bedeutungsvolles griechisches Wort: „homoousios“! Es bedeutet „wesensgleich“! Das Konzil von Nicäa, übrigens das erste überhaupt in der langen Kirchengeschichte, befand: Jesus Christus ist „eines Wesens mit dem Vater“. Der Sohn gehört also von Ewigkeit her zur Wirklichkeit Gottes. Der Sohn Gottes ist von Anfang an längst da!
Wäre der Sohn Jesus Christus nicht eines Wesens mit Gott Vater, so könnte man andersherum folgern, dann hätte er der Welt die Wirklichkeit Gottes gar nicht offenbaren können. Dann befände sich Jesus wohl in einer Reihe mit Propheten und könnte vielleicht etwas Übernatürliches über Gott mitteilen. Jesus Christus wäre dann aber nicht Gott selbst. So aber kann aber der Sohn sagen: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30). Und: „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (Joh 14,9).
Gott ist daher als ein Wesen zu denken, was in sich in Beziehung steht, einer Du-Beziehung. Der Gott der Christenheit kann immer sagen ICH, der Gott der Christenheit kann aber auch immer sagen WIR, ohne dass das eine für das andere abträglich wäre. In Gott ist bereits von Ewigkeit her das DU vorhanden. Mit dieser beispiellosen Erkenntnis traf das Konzil von Nicäa eine Entscheidung, die für die Glaubensgeschichte der Kirche nie mehr rückgängig zu machen ist.
„Es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12), bekennt Petrus vor dem Hohen Rat in Jerusalem. Dieses Bekenntnis zu Jesus Christus, wesensgleich mit dem himmlischen Vater zu sein, hat Auswirkungen auf das Gebetsleben der Christen. Denn zu Jesus Christus entsteht eine mystisch tiefe Du-Beziehung. Das göttliche Du kommt uns entgegen in seiner Menschwerdung, füllt unsere Herzen, ja unser ganzes Leben.
„Stärke unseren Glauben!“ Diese Bitte tragen die Apostel an Jesus heran. Sie gehören zum unmittelbarsten Umfeld Jesu und sind zudem Fundament der Kirche (vgl. Eph 2,20). Die Apostel ahnen: Wer sonst könnte denn unseren Glauben stärken, wenn nicht der Sohn Gottes, der allen zum Bruder wurde!
Um eine neue Du-Beziehung zu Jesus Christus aufzubauen, halten wir Tage der Besinnung im Kloster Nütschau. Auch wir bitten darum, Christus möge unseren Glauben stärken.
Aus dieser Du-Beziehung zu Christus entstehen wunderbare Lieder wie „Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus, meine Zuversicht“ als Taizé-Lied. Oder wie das im Cursillo-Liederbuch enthaltene Lied „Christus, dein Glanz durchbricht die dunkle Nacht, du Gott des Lebens führst ins Licht“. Daraus erwächst die Bitte eines jeden einzelnen von uns: „Herr Jesus Christus, stärke meinen Glauben!“
Foto: Wolfgang Guttmann