Wesensgleich: Gott Vater und sein Sohn

Predigtthema: Wesensgleich: Gott Vater und sein Sohn
Bibelstelle: Joh 3,16-21
Datum: 08. Juni 2025 – Pfingstmontag
Kirche: Abteikirche Heilig Kreuz, Herstelle

Liebe Schwestern und Brüder!

„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Dieser Satz aus dem Johannesevangelium besitzt seinen eigenen Charme, da nicht allein das Geheimnis der Menschwerdung Gottes thematisiert, sondern zugleich das Motiv darstellt, weshalb überhaupt Gott Mensch wird: ausschließlich aus Liebe zur Welt.

Dass Gott diese gottferne Welt, die Jesus selbst als verlorene Menschheit (vgl. Lk 19,10) bezeichnet, retten will und es in seinem Erlösungswerk auch getan hat, ist das unbeschreibliche Wunder seiner grenzenlosen Liebe.

In diesem Kalenderjahr 2025 blicken wir zurück auf das erste Konzil der Kirchengeschichte. Viele haben noch in Erinnerung das II. Vatikanische Konzil, welches Anfang der 60-ziger Jahre stattfand. Nach offizieller Zählung war es das 21. Konzil.

Vor genau 1700 Jahren, im Jahr 325, fand also das erste Konzil überhaupt statt. Dieses wurde nicht im Vatikan abgehalten, sondern in der vergleichsweise kleinen Stadt Nicäa, gelegen rund 65 km südöstlich von Konstantinopel. Da der Bischof von Rom sich noch längst nicht als Papst einer Weltkirche verstand, erfolgte die Einladung zu diesem Treffen auch nicht durch Papst Silvester. Kaiser Konstantin, inzwischen Alleinherrscher des riesigen Römischen Reiches, lud zu diesem Konzil ein. Da jeder der anreisenden Bischöfe, es waren bis zu 200, mehrere Begleitpersonen mitbringen durfte, nahmen an diesem Konzil weit über 1000 Personen teil.

Da das Imperium Romanum längst in eine Krisenzeit geraten war, sah Konstantin im Christentum die Religion der Zukunft. Mit dem Ereignis der Menschwerdung Gottes brach der Götterhimmel griechisch-römischer Mythologie zusammen. Fantasiefiguren wie Zeus, Artemis, Apollon und Aphrodite hatten ausgedient. Der Monotheismus, der Glaube an den einen Gott, prägte das Denken in der Spätphase der Antike. Das Judentum, welches im Mittelmeerraum mit seinem Glauben an den einen Gott Jahwe längst präsent war, erfuhr nun Konkurrenz durch das Christentum.

Aber auch innerhalb des Christentums gab es Konflikte. Es ging um die Stellung Jesu Christi gegenüber Gott, dem Vater. Ein einflussreicher Priester aus Alexandrien, Arius mit Namen, leugnete die Gottheit Jesu Christi. Auf dem Konzil von Nicäa formierte sich eine breite Front gegen ihn.

Letztendlich ging es um die Frage, wie das Verhältnis zwischen Gott Vater und seinem Sohn Jesus Christus zu denken ist, wenn beide gleichermaßen Gott sind? Wie kann das strikte Bekenntnis zu dem einen Gott gewahrt bleiben?

Bei der Lösung dieser komplizierten Frage verhalf ein griechisches Wort zur Lösung: „homoousios“ – „wesensgleich“. Das Konzil von Nicäa befand: Jesus Christus ist wesensgleich mit dem Vater: „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“, wie das Glaubensbekenntnis der Christen seitdem lautet. Der Sohn gehört also von Ewigkeit her in die Wirklichkeit Gottes hinein, er ist längst da.

Wäre der Sohn Jesus Christus nicht eines Wesens mit Gott Vater, hätte er den Menschen die Wirklichkeit Gottes gar nicht offenbaren können. Er wäre vielleicht einer in der Reihe der Propheten und könnte vielleicht etwas Übernatürliches von Gott mitteilen. Er wäre aber nicht Gott selbst.

Zudem ist Gott als ein Wesen zu denken, was in sich bereits in Beziehung steht, in sich eine Du-Beziehung kennt. Der Gott der Christenheit kann immer sagen ICH, der Gott der Christenheit kann aber auch immer sagen WIR, ohne dass das eine für das andere abträglich wäre. In Gott ist bereits von Ewigkeit her das DU vorhanden.

Das Konzil von Nicäa hat eine Entscheidung für die Glaubensgeschichte der Kirche getroffen, die nie mehr rückgängig zu machen ist. Zumal alle christlichen Strömungen, die es weltweit überhaupt gibt, dieses Konzil von Nicäa anerkennen. Es ist eine Fügung des Himmels, eine Gabe des Heiligen Geistes, dass dieses Konzil von Nicäa überhaupt stattgefunden hat.

Papst Franziskus beabsichtigte, zum 1700-jährigen Konzilsjubiläum nach Nicäa zu reisen. Seinem Nachfolger Papst Leo XIV. trauen nun viele zu, dass eine seiner baldigen Reisen tatsächlich zu den ersten Spuren der frühen Kirchengeschichte führen wird.

„Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12), bekennt Petrus vor dem Hohen Rat in Jerusalem. Der Augenzeuge des Auferstandenen meint damit niemand anderen als den Sohn Gottes. Und diesen Jesus Christus, wesensgleich mit dem Vater und dem Heiligen Geist, beten wir an. Dieses Bekenntnis hat Auswirkungen auf unsere Frömmigkeit und auf unser Gebetsleben.

Lassen Sie mich diese Gedanken schließen mit dem „Gloria Patri“ – „Ehre sei dem Vater“. Diese Bekenntnisformel, die wir auch durch das Psalmengebet der Schwestern hier im Kloster Herstelle kennen, kam mit dem Konzil von Nicäa auf. In klarer Abgrenzung zu den Leugnern der Gottheit des Sohnes betont dieses Bekenntnis die Wesensgleichheit aller drei göttlichen Personen und weiß von ihrer Ewigkeit: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen.

Foto: Konzil von Nicäa im Jahr 325, dargestellt in einem byzantinischen Fresko in der Basilika St. Nikolaus in Demre, Türkei

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